Der Ösi in Kawasaki

Fleischeslust in Japan – Von der Lunchbox bis zum Luxus-Rind

Japan, das Land üppigen Wok-Gemüses und fleischloser Tofu-Gerichte? Wohl kaum! Die Fleischeslust hier scheint keine Grenzen zu kennen – und macht auch vor rohem Hühnerfleisch nicht Halt. Eine kulinarische Reise durch meine liebsten Fleischgerichte und ein paar Überlebenstipps für VegetarierInnen.

Dies ist die 24. Folge meines Podcasts „Der Ösi in Kawasaki“ als Blogartikel zum Nachlesen. Anhören könnt ihr sie übrigens direkt hier, sowie auf Spotify und Apple.

 

Während sich die ÖsterreicherInnen sich darüber den Kopf zerbrechen, wie sie mehr Geschmack in ihren Tofu kriegen, haben es die Japaner längst herausgefunden: einfach Fleisch dazumischen. Nach diesem Motto: willkommen zu einer ganzen Folge zum Thema Fleischeslust. Es wird animalisch und kulinarisch. 

Eine liebe Stammhörerin – nennen wir sie Christine – hat mich gerügt. Es könne nicht sein, dass es immer noch keine dezidierte Folge zum Thema Essen gibt. Ja, da hat sie mich eiskalt erwischt, da hat Christine freilich Recht. Noch dazu, wo mein Mann und ich gefühlt 80% unserer Zeit in Japan nur am Essen sind.

Jetzt ist es halt blöd, dass ausgerechnet die liebe Christine eine Vegetarierin ist, was in Japan vielerorts nicht so ganz verstanden wird. Deshalb geht es auch in dieser Folge konkret um meine liebsten Fleischgerichte. Bleib tapfer, Christine – für die vegetarisch oder vegan lebenden unter euch habe ich am Ende auch ein paar Tipps, wie ihr eine Japanreise überleben könnt. Außerdem verrate ich euch, ob das weltberühmte, in den Himmel gepriesene Wagyu-Fleisch meiner Meinung nach wirklich seinen hohen Preis wert ist.

 

Bestandene Japanisch-Prüfung und Frühlingserwachen auf Jogashima

Davor ein kleines Update. Die Coronavirus-Infektionszahlen gehen zum Glück deutlich zurück. Nichtsdestotrotz wurde unser “State of Emergency” bis Anfang März verlängert. Wie beim letzten Mal schon erzählt gibt es eigentlich nur wenige Einschränkungen. Restaurants schließen beispielsweise um 20 Uhr – gerade die engen, verrauchten Kneipen, die Izakaya, gelten in Kombination mit Alkohol wohl als Corona-Brutstätte.

Im Dezember habe ich den offiziellen Japanisch-Test JLPT absolviert, die zweite Stufe N4. Der Sommertermin war Corona-bedingt abgesagt worden, zumindest in Japan wurde der Dezember-Termin dann aber eingehalten. Und es war doch sehr ungewohnt mich wieder einmal in einer Halle voller Menschen zu befinden. Alleine in meinem riesigen Prüfungs-Saal waren geschätzt 200-300 TeilnehmerInnen! Alle mit Maske, versteht sich, aber trotzdem eine sehr, sehr ungewohnte Situation. Vor kurzem ist das Prüfungsergebnis eingetroffen – ich habe bestanden! Mit der Stufe N4 kann ich jetzt einfaches Japanisch verstehen. Bis hierher habe ich knapp zwei Jahre gebraucht, auch jetzt habe ich noch zweimal wöchentlich meinen Privatunterricht. Nichtsdestotrotz habe ich leider weiterhin kaum die Möglichkeit mich tatsächlich auf Japanisch zu unterhalten. Das Japanisch auf der Arbeit ist einfach viel zu schwierig und mit Bekannten falle ich dann doch meist auf Englisch zurück. Ihr könnt es euch vielleicht vorstellen – als Podcaster rede ich sehr gerne und viel. Auf Deutsch und Englisch bin ich recht effizient, aber auf Japanisch sind eben Wortschatz und die Themenauswahl extrem eingeschränkt, was sich wiederum negativ auf meine Sprechfreude auswirkt. Aber was soll’s.

Ein Wunsch von mir ist es übrigens dieses Jahr öfter am Meer zu sein. Ich liebe ja das Meer – und alleine die Tatsache auf einer Insel zu leben, ist für mich ein absoluter Traum. Tatsächlich ist auch Traumwetter im japanischen Winter eher die Regel als Ausnahme. Dass wir letztes Wochenende aber 17 Grad hatten, war dann doch untypisch. Eigentlich sind Januar und Februar ja die kältesten Monate in Japan, und keine zwei Zugstunden entfernt gibt es momentan so viel Schnee wie lange nicht.

Wir haben jedenfalls einen wunderschönen frühlingshaften Tag auf der Mini-Insel Jogashima verbracht. Diese liegt knapp 60 Kilometer südlich von unserem zu Hause und ist auch öffentlich sehr gut zu erreichen. Mittlerweile ist mancherorts übrigens auch schon die Pflaumenblüte am Start.

 

Meine Vorstellung von der japanischen Kulinarik: Viel Gemüse und Tofu!?

Nun zum Hauptthema, dem Essen. Bevor ich zum ersten Mal nach Japan gereist bin, hatte ich ganz eigenartige Vorstellungen vom japanische Essen. Gekannt habe ich damals eigentlich nur Sushi. 

Alles andere war oftmals in Wahrheit chinesisch oder “irgendwie asiatisch”. Dank der vielen “Asia Restaurants” in Österreich, die ja den wildesten Mix aus allen möglichen Ländern anbieten, ist es auch wirklich nicht einfach einen authentischen Eindruck von der japanischen Kulinarik zu bekommen.

Dem Ruf zufolge soll das japanische Essen ja sehr gesund, ausgewogen und hochwertig sein. Und zumindest in den gängigen “Asia Restaurants” Österreichs bekommt man auch immer einen bunten Mix an knackigem Wok-Gemüse. 

Wie ich dann also zum ersten Mal in Japan war, war ich baff. Ich war im Land des Tofu – aber egal, wo ich auch hingeschaut habe: überall Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte – und noch mehr Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte. Buntes Wok-Gemüse? Fehlanzeige.

 

Japans Fleischkonsum aus historischer Sicht

Historisch gesehen war Fleischkonsum in Japan über 12 Jahrhunderte lang quasi tabu. Das hatte sowohl religiöse als auch praktische Gründe. Erst im 19. Jahrhundert sollte sich das grundlegend ändern. Auch die amerikanische Besatzung nach dem zweiten Weltkrieg hat wohl ihren Beitrag geleistet, dass Japan einem richtigen Fleischkonsum-Giganten wurde, wo man – und jetzt setzt euch lieber hin – nicht einmal vor rohem Hühnerfleisch zurückschreckt.

 

Die Grundzutat Dashi als Quelle des “umami”

Der Konsum tierischer Produkte ist so fest verankert, dass die genaue Definition der Begriffe “vegetarisch” und “vegan” vielen Japanerinnen und Japanern gar nicht geläufig scheint. Natürlich lassen sich durchaus Gerichte finden, die ohne Fleisch und Milchprodukte auskommen – wie gesagt, haben eben Fisch und Meeresfrüchte einen ganz besonderen Stellenwert in Japan. Und so enthält fast jedes japanische Gericht irgendwelche tierischen Bestandteile. Zum Beispiel in Form von Dashi – einer Brühe sowohl aus Algen, als auch getrockneten Bonito-Fischflocken. Dashi gehört zu den Grundzutaten der japanischen Küche, neben Sojasauce, Miso und Reiswein. Die Dashi-Brühe dient als Basis für jegliche Suppen – folglich ist auch die Miso-Suppe (zumindest in Japan) kein vegetarisches Gericht. Dashi ist einfach ein natürlicher Geschmacksverstärker mit leichtem Raucharoma, quasi die Quelle des umami – des vollmundigen Geschmacks.

Anstatt beispielsweise geschmortes Gemüse schlicht mit Salz zu würzen, kommt auch hier Dashi zum Einsatz. Dashi ist einfach überall und wird eigentlich ohne groß nachzudenken verwendet. Dementsprechend werdet ihr auf den Speisekarten der meisten japanischen Restaurants kaum ein vegetarisches oder gar veganes Gericht finden. Überlebenstipps für VegetarierInnen verrate ich euch später.

 

Teishoku-Menüs – Die Balance macht’s!

Jetzt muss ich an dieser Stelle anmerken, dass sich japanische Speisen im Aufbau doch grundlegend von österreichischen unterscheiden. Ein österreichischer Schweinsbraten, zum Beispiel, besteht ja hauptsächlich aus einem riesigen Stück Fleisch (mit geiler Kruste), daneben ein paar kleine Beilagen als Nebendarsteller.

Im Westen jagt ja ein Gesundheitstrend den nächsten. Da reicht es nicht auf tierische Produkte zu verzichten, sondern vielleicht auch auf Kohlenhydrate, Fett, Zucker, zwischenzeitlich dann auch noch eine Grünkohl-Chiasamen-Saftkur zum Entgiften. Hier in Japan lautet die ganz unaufgeregte Devise: die Balance macht’s. Vermutlich hat die japanische Küche auch genau deshalb den Ruf so bekömmlich und gesund zu sein – ohne dabei aber auf frittiertes Huhn, weißen Reis und Kartoffel-Mayo-Salat zu verzichten. Auch darüber lässt sich natürlich diskutieren. 

Am besten zeigt sich diese Balance vielleicht im Teishoku, einem Set-Menü. Es findet sich besonders häufig auf Mittagskarten um etwa 1.000 Yen, also 8 Euro. Das Set besteht aus vielen kleinen Schüsselchen mit den unterschiedlichsten Speisen, alle gleichzeitig auf einem Tablett serviert. Die zentrale Rolle spielt dabei tatsächlich der Reis! Von ihm soll man den ersten Bissen nehmen und sich dann kreisförmig weiterarbeiten.

Ein essentieller Bestandteil ist auch die Suppe – oft eine Udon-Nudelsuppe oder eine Miso-Suppe auf Dashi-Basis, gerne mit Wakame-Algen und Tofu-Stückchen darin. Ich weiß, dass einige Bekannte aus Österreich einen großen Bogen um die Miso-Suppe machen. Ich muss auch gestehen, dass sie in Österreich tatsächlich oft sehr lieblos und fade zubereitet wird. Auch mein Mann hatte sie nicht gern gegessen, bis er sie in Japan probiert hat. Ein weiterer Fixstarter beim Teishoku ist Tsukemono – eingelegtes, kurz fermentiertes Gemüse wie Gurken, Rettich oder Karotten.

Und dann folgt das wichtigste Nebengericht – das, was man in Österreich als das “Hauptgericht” bezeichnen würde: beispielsweise ein kleiner Teller mit knusprig frittiertem Hühnerfleisch (Tori-Karaage), hauchdünnes Schweinefleisch in Ingwersauce (Shogayaki), gegrillter Fisch, und so weiter.

Ein kleines Neben-Nebengericht gibt es dann auch noch. Das ist entweder gekochtes Gemüse oder vielleicht ein paar Stücke Sashimi.

Falls ihr jetzt den Überblick verloren habt, keine Sorge. Was ich sagen wollte: ein Teishoku-Menü ist sehr umfangreich und ausgeklügelt. Es geht nicht nur darum, dem Körper ausgewogene Nährstoffe zu liefern, sondern auch Gaumen und Augen eine Bandbreite an Konsistenz und Farben zu liefern.

Ich liebe Teishoku auch deshalb, weil ich mir sonst immer schwer tue mich für ein Gericht zu entscheiden. Beim Teishoku bekomme ich von allem etwas.

 

Japanische Bento – Die Lunchbox der Superlative

Stichwort Set: An Arbeitstagen hole ich mir in der Mittagspause gerne eine Bento-Box. Das ist eine typisch japanische Lunchbox, meist aus Plastik. Sie besteht aus vielerlei Gerichten, die mittels Trennwänden voneinander getrennt sind. Die günstigen Supermarkt-Bentos sind bereits ab knapp 4 Euro zu haben. Diese sind zwar industriell und manchmal auch fern von dem, was man als “gesund” bezeichnen würde – aber immer noch um Welten reichhaltiger als die traurigen Fertiggerichte in Österreich.

Ich hole mir meine Bento am liebsten von einem kleinen Laden in der Nachbarschaft, wo die wirklich ausgeklügelten und hochwertigen Gerichte von den älteren Damen und Herren selbst zubereitet werden. Meist werden um die sieben verschiedenen Gerichte angeboten – davon zwei Fischgerichte, der Rest (wie könnte es anders sein) mit Fleisch. 

Das könnte süßliches Rindfleisch mit Paprikastücken oder eine knusprig panierte, mit Spinat gefüllte Hühnerroulade sein. Oder das sehr beliebte “Hambagu-Steak” – ein Fleischlaberl (beziehungsweise Frikadelle) mit Spiegelei. Daneben findet sich eingelegtes und gekochtes Gemüse, ein kleines gerolltes Omelett ( Tamagoyaki), vielleicht Nudelsalat oder noch der schreckliche Kombu-Algensalat. Die Bento-Box inklusive Reis erhält man im entzückenden Nachbarschaftsladen ab knapp über 5 Euro. Die Speisen sind übrigens leider lauwarm oder kalt – typischerweise wärmt man sie immer in der Mikrowelle auf. Dafür gibt es in sämtlichen Supermärkten Mikrowellen (und auch heißes Wasser für Cup Noodles). Ein Wermutstropfen bei der Bento-Box ist die unfassbare Menge an Verpackungsmüll, die jedes Mal entsteht.

 

Fast Food in Japan?

Weniger ausgewogen sieht die Sache beim Thema Fast Food aus. Auch in Japan – trotz seiner sagenumwobenen Küche – gibt es an jeder Ecke Fast Food in allen Formen und Farben. Es gibt Gyudon, das sind Rindfleisch-Schüsseln mit Reis – ohne jegliches Gemüse, aber auf Wunsch mit einem rohen Ei.

Außerdem wird alles knusprig frittiert, was nicht bei drei auf’m Baum ist. Im Kassenbereich aller Convenience Stores gibt es warme Snacks, das Angebot ändert sich wohl alle paar Jahre. Der aktuelle Trend ist Fried Chicken. Über Fast Food in Japan kann und will ich euch in einer eigenen Folge noch viel mehr erzählen.

 

Ramen – Mehr als nur eine Nudelsuppe

Eine Speise darf an dieser Stelle aber nicht unerwähnt bleiben: Ramen. Ramen sind eigentlich Weizennudeln, die ihren Ursprung in China haben. In der Regel meint man damit aber eine japanische Nudelsuppe. Den Bezeichnung “Suppe” finde ich dabei nicht recht optimal – häufig ist es nämlich viel eher eine deftige, cremige Brühe, die fast schon einer Sauce ähnelt. Auch hier, wie könnte es anders sein, dienen tierische Produkte als Basis.

Mein Favorit ist die “Tonkotsu”-Ramen, welche ihren Ursprung auf der Insel Kyushu im Westen Japans hat. Ihre Brühe basiert auf Schweineknochen, die mehrere Stunden lang gekocht werden. Natürlich darf in Ramen auch Dashi, Sojasauce und oftmals Miso nicht fehlen. Miso ist übrigens eine fermentierte Paste aus Sojabohnen, Reis und verschiedensten Getreidearten. 

Jedenfalls bevorzuge ich die heftig deftigen Ramen-Varianten. Manche Brühen schmecken fast wie Schweinsbratensaft. Als Topping wähle ich gerne ein Ei mit cremigem Dotter. Falls die Brühe einmal besonders intensiv oder fast schon penetrant ausfallen sollte – das kann passieren – dann gibt es meist auch Schälchen mit Knoblauch und eingelegtem rosa Ingwer, was für Frische sorgt.

Fast jede Region Japans hat ihre eigene Ramen-Variante. Auf Hokkaido etwa findet man häufig cremige Miso-Ramen mit Maiskörnern und einem Stück Butter oben drauf.

Ramen-Lokale sind auf Laufkundschaft ausgelegt. Meist wählt und bezahlt man schon vorab an einem Ticket-Automat und setzt sich dann auf einen Barhocker am Tresen. Und dann wird eifrigst losgeschlürft! Die Geräusche, welche meine Sitznachbarn beim Ramen-Essen von sich gegeben, waren anfangs extrem ungewohnt und witzig. Mittlerweile bin auch ich ein begnadeter Nudelschlürfer (wenn ich nicht darauf vergesse). Nur bitte nicht beim Italiener!

Ja, Ramen ist Fast Food – welches aber in der Zubereitung enorm viel Zeit und Geduld in Anspruch nimmt. Ramen lebt von der raffinierten Auswahl der Zutaten und Komplexität des Geschmacks. Aus diesem Grund finde ich, wie gesagt, dass der Begriff “Suppe” hier viel zu kurz greift.

Im Stadtgebiet finden sich hin und wieder tatsächlich auch vegetarische oder gar vegane Optionen. Das ist aber äußerst selten – ich würde euch also empfehlen vorab zu recherchieren. Ich selbst habe noch nie vegetarische Ramen gegessen und kann mir, ehrlich gesagt, auch nicht ganz vorstellen, ob oder wie man den intensiven Geschmack ohne Knochen und Fischflocken hinbekommt. Ich habe es aber mir jetzt auf meine To-Do-Liste gesetzt und werde natürlich berichten!

 

Gyoza – Achtung, Suchtgefahr!

Die klassische Beilage zu Ramen sind übrigens Gyoza – gleichzeitig gedämpfte als auch knusprig gebratene Teigtaschen. Man könnte glauben, dass es die japanischen Gyoza – ähnlich der chinesischen Teigtascherl – auch mit den unterschiedlichsten Füllungen gibt. Tatsächlich bekommt man sie aber in 90% der Fälle in der Standardausführung, nämlich mit süßlich gewürztem Hackfleisch mit Knoblauch und Jungzwiebel gefüllt. Man dippt sie in eine Mischung aus Sojasauce, Reisessig und Sesamöl. Gyoza machen süchtig!

 

Was ist jetzt eigentlich mit Tofu?

Im Westen der (eher fragwürdige) Fleischersatz schlechthin, ist auch hier in Japan allgegenwärtig. Aber niemand käme hier auf die Idee Tofu als Fleischersatz zu vermarkten und ihn in Würstchenform zu pressen.

Tofu gibt es hier in verschiedenen Formen. Es gibt Kinu-Tofu und Momen-Tofu, das sind cremiger Seidentofu und etwas festerer “Baumwoll”-Tofu. So harten, gepressten und fast schon trockenen Tofu wie in Österreich habe ich hier allerdings noch nie gesehen. Im Supermarkt bekommt man auch vorfrittierten Tofu, der etwas mehr Eigengeschmack mitbringt.

In vielen Izakaya, den japanischen Wirtshäusern, findet sich Tofu als Vorspeise, zum Beispiel in Form von “Agedashi-Tofu”. Das ist frittierter Tofu, übergossen mit Dashi-Brühe. 

 

Mapotofu – Das Tofu-Gericht mit dem besonderen Etwas

Die Tofu-Hauptspeise schlechthin ist wahrscheinlich „Mapotofu”. Dabei handelt es sich eigentlich um ein feurig scharfes, chinesisches Gericht. In milderer Form ist es sehr beliebt in Japan und findet sich unter anderem auch als Fertiggericht in allen Convenience Stores. Als Basis dienen eine dickflüssige, fermentierte Bohnenpaste, Sojasauce, Tofu und als “Geheimzutat” – Vegetarier bitte tief durchatmen – Hackfleisch.

Ihr seht bzw. hört, dass man Tofu hier durchaus mit Fisch oder Fleisch vermischt, was ja im Westen ein absolutes Tabu zu sein scheint. Ein Tofutabu, sozusagen.

 

Yakitori – Hühnerspieße und Zigarettenrauch

Nun zu einem meiner Favoriten, Yakitori. Übersetzt heißt es nicht mehr als “gebratenes Hühnerfleisch” – gemeint sind damit aber kleine Fleischspieße, die über einem Kohlegrill gegrillt werden. 

Yakitori ist die Kneipen-Speise schlechthin. Eigene Yakitori-Lokale sind oft völlig verqualmt – vom Kohlegrill aber dem Zigarettenrauch der Gäste. Das Thema Rauchverbot in Lokalen beginnt vielerorts aktuell erst an Fahrt aufzunehmen …

Gegrillt wird hier einfach alles vom Huhn – vom Brustfleisch über die Haut bis zu sämtlichen Innereien. Mein Yakitori-Vokabular reicht mittlerweile aus, um einen großen Bogen um die Innereien zu machen, das ist zugegeben meine westliche Ignoranz. Ich finde es ja eigentlich schon gut und richtig, auch die sogenannten “Nebenerzeugnisse” zu verwerten. Mein Mann und ich bevorzugen statt den Innereien aber doch gegrilltes Gemüse oder “Poteto Furai” (Pommes). Es gibt Yakitori-Lokale mit riesigen Speisekarten, die auch andere Fleischsorten und sogar etwas Gemüse anbieten. Alles perfekt rauchig gegrillt.

 

Hühner-Sashimi und “Kirschblüten-Fleisch”!?

Eine Kuriosität, die mir schon öfter untergekommen ist, ist Hühner-Sashimi. Ihr werdet euch jetzt denken: “Moment mal … ist Sashimi nicht roh?” Jawohl, Hühner-Sashimi ist tatsächlich rohes Hühnerfleisch. Rohes. Hühner. Fleisch.

Mein Japanisch-Lehrer meint, es sei köstlich und von der Konsistenz her weich wie roher Thunfisch. Auch mein Mann hat es einmal probiert, weil jemand am Tisch es bestellt hatte. Geschmacklich war es wohl in Ordnung, für ihn war aber vor allem die Vorstellung und Überwindung das Problem.

Genauso roh wie Hühner-Sashimi ist auch das klingende “Sakura Niku”, übersetzt “Kirschblüten-Fleisch”. Was mag das wohl sein? Habt ihr irgendwelche Ideen? Drei, zwo, eins: Kirschblüten-Fleisch ist Pferdefleisch. In Wien ist Pferdefleisch zwar auch eine Rarität, aber gerade als Pferdeleberkäse doch nicht unschwer zu bekommen. Die rohe Variante habe ich aber noch nicht probiert … glaube ich zumindest.

 

Yakiniku – Jetzt wird selbst gegrillt!

Noch eine Spur geselliger wird es beim Yakiniku, quasi dem großen Bruder von Yakitori. Yakiniku heißt “gegrilltes Fleisch” und meint in diesem Fall aber keine Spieße. Das ist alles ein bisschen verwirrend, ich weiß. Beim Yakiniku sitzt man um einen Tischgrill und grillt darauf selbst sein Fleisch (manchmal auch Meeresfrüchte und Gemüse) – ein Konzept stark beeinflusst vom koreanischen Barbecue.

Beim Yakiniku spielt vor allem Rindfleisch die Hauptrolle. Vielleicht habt ihr schon von “Wagyu” oder “Kobe-Beef” gehört. “Wa–gyu” bedeutet schlicht “japanisches Rind” und bezeichnet bestimmte Rinderrassen japanischen Ursprungs. Die Rinder sind meist schwarz und anders als bei anderen Rindern ist das Fett nicht punktuell, sondern gleichmäßig in sehr feiner Marmorierung im Muskelfleisch verteilt. Wenn diese Rinder jetzt auch noch aus der Region Kobe stammen, werden sie eben zu den berühmten, wahnsinnig teuren “Kobe-Rindern”.

Es gibt Yakiniku-Lokale, die eher teure “All You Can Eat”-Pakete anbieten, bei anderen zahlt man pro Portion. Bestellt wird häufig per Tablet, die Oberfläche kann man dankenswerter Weise oft auf Englisch umstellen. Das Rindfleisch-Angebot ist meist nach Qualitätsstufen gegliedert: das importierte, klassische Rindfleisch ist das günstigste, das japanische Wagyu wird umso teurer, je marmorierter (also fettdurchzogener) es ist.

Auch im Supermarkt ist die Wagyu-Vielfalt riesig. Noch riesiger sind die Preise – ein Kilogramm Wagyu-Fleisch kann durchaus 100€ und aufwärts kosten (im normalen Supermarkt, wohlgemerkt!). Und da spreche ich noch gar nicht vom berühmten Kobe-Rind.

 

Ist Wagyu meiner Meinung nach den weltweiten Hype wert?

Das “Mundgefühl” ist auf jeden Fall ein einzigartiges Erlebnis. Beißt man auf ein Stück gegrilltes Wagyu ist es, als würde im Mund ein Butterwürfel explodieren. Ein Fluss an Fett. Das Fleisch ist ganz weich und schmilzt richtig auf der Zunge. Der hohe Fettanteil sorgt außerdem für intensiven, guten Geschmack.

Nicht immer stehe ich allerdings darauf mir einen Butterwürfel im Mund explodieren zu lassen. Das Wagyu-Fleisch ist unumstritten extrem fettig und man kann davon nicht allzuviel essen. Ich brauche dazu immer eine Schüssel Reis, um den Schwall an wässrigem Fett irgendwie zu neutralisieren. Vergleicht das also nicht mit einem amerikanischen 220-Gramm-Steak-Dinner.

Da man vom Wagyu normalerweise keine Riesenportionen isst bzw. essen kann, relativieren sich die Preise etwas. Die Portionen im Supermarkt sind normalerweise eher dünne Stücke. Die dicken Steak-Schnitte vom klassischen Rind, die man hier ebenso findet, sind meist importiert aus Australien, Neuseeland oder den USA, und kosten einen Bruchteil.

Unterm Strich: so sehr ich es verstehe, dass Wagyu anfängliche Überraschung bis hin zu Euphorie auslöst, muss ich euch gestehen, dass ich herkömmliches Steak doch bevorzuge. Jetzt ist es raus.

 

Fünfmal so viele Restaurants in Tokyo als in New York City?!

In der heutigen Folge wollte ich euch einen Überblick über einige der wichtigsten Fleischgerichte in Japan geben. Mein Mann und ich essen Fleisch, und ich vermute, dass unser Fleischkonsum seit unserem Umzug auch tatsächlich gestiegen ist. Wir gehen sehr gerne und häufig auswärts essen – ich habe auch das Gefühl, dass diese Leidenschaft sehr viele Japanerinnen und Japaner mit uns teilen.

Das Restaurantangebot ist einfach unfassbar groß. Laut Favy Japan gibt es in Tokyo fünfmal so viele Restaurants wie in New York. Das sind geschätzt 150.000 Restaurants.

 

Ein paar Überlebenstipps für VegetarierInnen in Japan

Trotzdem fallen insbesondere VegetarierInnen bei ihrem ersten Japan-Besuch oft aus allen Wolken. Der Verzweiflung nahe, ernähren sie sich dann hauptsächlich von Kuchen aus dem Convenience Store. (Ja, das habe ich tatsächlich schon gehört.)

Aber klar: vor allem, wer wirklich in die traditionelle japanische Kulinarik eintauchen möchte, wird um tierische Produkte nur schwer herumkommen. Die Restaurants sind auch tendenziell weniger flexibel als im Westen, was ernährungstechnische Einschränkungen betrifft. Eine Floskel, die euch helfen könnte, ist “Niku (w)o taberaremasen” und bedeutet “ich kann kein Fleisch essen”. Das “kann” ist insofern wichtig, weil es das Personal in Alarmbereitschaft versetzt, dass ihr womöglich eine Allergie habt.

Es ist jedenfalls schon ein bisschen wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zwar haben die Optionen für tierfreie Restaurant-Gerichte in den letzten Jahren wohl deutlich zugenommen, es bedarf aber jedenfalls einer Vorab-Recherche, insbesondere, wenn ihr der japanischen Sprache nicht mächtig seid. Vor allem Websites wie happycow.com oder die japanische Seite vegewel.com, die ihr im Google Chrome Browser übersetzen könnt, sind hier ein guter Startpunkt.

In größeren Running-Sushi-Filialen gibt es meist auch eine gute Auswahl für VegetarierInnen. Und neben japanischen Restaurants gibt es natürlich auch unzählige italienische, indische und chinesische, wo sich vegetarische Optionen eher finden lassen.

Als Fleisch- und Fischesser suchen wir eigentlich nie gezielt nach vegetarischen Restaurants. Ehrlich gesagt, habe ich mich sogar schon ein bisschen damit abgefunden, dass der Gemüseanteil bei Restaurant-Gerichten meist doch eher klein ausfällt. (Also abgesehen vom Reis – der ja auch kein Gemüse ist.)

Jedenfalls versuche ich deshalb den Gemüseanteil deutlich zu heben, wenn ich daheim selbst koche. In unserer Nachbarschaft gibt es ein paar kleine Läden mit günstigem Gemüse und tatsächlich leistbarem Obst. 

Auch in den Convenience Stores und Supermärkten lauern übrigens ein paar Fallen für VegetarierInnen. Zum Beispiel habe ich schon ein Sandwich mit der englischen Aufschrift “vegetable sandwich” entdeckt, in dem ganz offensichtlich Schinken war. Genauso werden auch in vielen anderen Lebensmittel unerwartet Fleisch- oder Fischprodukte versteckt beziehungsweise zum Würzen verwendet.

 

Hungrig? Japanisch kochen für Zuhause!

Falls ihr jetzt hungrig auf japanische Speisen wurdet, empfehle ich euch die englischsprachige Website JustOneCookbook.com. Ich habe davon schon öfter Rezepte nachgekocht und sie gelingen wirklich jedes Mal! Die japanische Betreiberin lebt, glaube ich, in Kalifornien, und bietet oft auch vegetarische Abwandlungen an. (Keine gesponserte Nennung.)

Mir persönlich gefällt die japanische Philosophie der ausgewogenen Ernährung, die auch Fleisch und Fisch enthalten darf. Der Gemüseanteil könnte meiner Ansicht nach durchaus höher sein. Und vor allem das Verständnis und Angebot für alternative Ernährungsweisen könnte deutlich ausgeprägter sein.

 

Love Hotels – Für die etwas andere Fleischeslust (und Schnäppchenjäger)

Noch ein paar abschließende Worte zu einer ganz anderen Fleischeslust. Leider habe ich euch in der letzten Folge, in ders um Unterkünfte gegangen ist, eine kuriose Hotelkategorie vorenthalten, nämlich: Love Hotels. Also Stundenhotels. 

Ich war selbst in noch keinem und war auch noch nie damit konfrontiert, insofern sind sie mir letztes Mal tatsächlich entwischt. Dabei sind sie eine echte japanische Kuriosität! Sie bieten Gästen ab 18 Jahren mehr Privatsphäre, als sie diese vielleicht in ihren hellhörigen eigenen Wohnungen haben. Zur Vergnügung finden sich auf den Zimmern oft Whirlpools, riesige Fernseher und sogar Karaoke-Anlagen. Attraktiv für Touristen sind wohl auch die oft günstigen Preise. Jetzt wisst ihr das auch.

Guten Appetit und bis zum nächsten Mal!

Mata ne, euer Ösi in Kawasaki

 

Dies war die 24. Folge meines Podcasts „Der Ösi in Kawasaki“ als Blogartikel zum Nachlesen. Anhören könnt ihr sie übrigens direkt hier, sowie auf Spotify und Apple.

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