Der Ösi in Kawasaki

Supermärkte in Japan – Sushi so sexy wie die Grundpreisverordnung?

Derzeit verbringe ich (zu)viel Zeit in Supermärkten. Erfährt, wie japanische Hieroglyphen und Luxus-Weintrauben jeden Einkauf zu einer kleinen Herausforderung machen.

Dies ist die zweite Folge meines Podcasts „Der Ösi in Kawasaki“ als Blogartikel zum Nachlesen. Anhören könnt ihr sie übrigens direkt hier, sowie auf Spotify und Apple.

 

Mein Mann und ich leben seit einigen Wochen in Kawasaki zwischen Tokio und Yokohama. Jeden Tag erleben wir irgendetwas Neues, etwas Aufregendes – und stehen oft auch vor der ein oder anderen Herausforderung. Auf dieses Abenteuer möchte ich euch mitnehmen und immer wieder kleine Geschichten aus unserem Alltag mit euch teilen.

Da mein Mann für ein internationales Unternehmen arbeitet und hierher entsendet wurde, arbeitet er natürlich Vollzeit. Im Gegensatz zu mir – während ich auf mein Visum und meine Arbeitserlaubnis warte genieße ich das Leben, kümmere mich um die Wohnung und auch um alle möglichen Erledigungen. Das heißt, ein überraschend großer Teil meines Alltags besteht momentan aus Einkaufen.

Stell dir vor, du ziehst in ein fernes Land, in eine neue Wohnung mit einem gähnend leeren Kühlschrank, der gefüllt werden will. Das klingt jetzt recht banal, aber die erste Hürde ist ja schon die Suche nach Supermärkten. Hier in Japan gibt es davon die unterschiedlichsten Arten.

 

„Konbini“ – der japanische Convenience Store

Der wahrscheinlich auffälligste Supermarkt-Typ sind die sogenannten „Kombinis“, also Convenience Stores oder Mini-Supermärkte. Sie bieten viele Fertiggerichte und generell alles, was man irgendwie im Alltag brauchen könnte – also auch Drogerieartikel, Hemden (!) oder Berge an Alkohol. Konbinis muss man nicht suchen – SIE finden einen. Egal, wo man hinsieht, sie sind einfach überall. In ganz Japan gibt über 55.000 dieser Minimärkte.

Man kennt Convenience Stores vielleicht aus Amerika und anderen Ländern. Die Besonderheit der japanischen ist wohl, dass das Essen (wie zum Beispiel Bentoboxen) tatsächlich brauchbar und nicht allzu ungesund ist.

Die meisten dieser Konbinis haben rund um die Uhr geöffnet. Als Österreicher kann man sich das ja kaum vorstellen. Das macht es auch sehr praktisch, wenn man spät nachts in der Wohnung sitzt und Gelüste nach irgendwelchen Snacks verspürt, oder einem das Toilettenpapier ausgeht. Dann geht man kurz vor die Türe und hat in Windeseile alles, was man braucht.

Alleine im Umkreis unserer Wohnung habe ich fünf dieser Convenience Stores gezählt – wir sind also gut versorgt.

 

Japanische Melonen um 100 Euro im „Depachika“

Die zweite Art von Supermärkten findet man hauptsächlich in Bahnhöfen. Eigentlich ist jede größere Zugstation ein ganzes Einkaufszentrum. Meist mit vielen Stockwerken – von Kleidung über Restaurants bis hin zu Lebensmittel-Läden. Diese finden sich in der Regel im Untergeschoss, weshalb sie auch „Depachika“ (eine Mischung aus „department store“ und „chika“ für Untergeschoss) bezeichnet.

Diese Läden als „Supermärkte“ zu bezeichnen ist schon fast eine Beleidung, denn es handelt sich dabei meist um richtige Luxusmärkte. Die Speisen werden Kaufhaus-ähnlich aufbereitet, es gibt viel zu sehen – und viel Geld auszugeben.

Es ist immer wahnsinnig spannend in solchen Kaufhäusern zu stöbern. Sehr beeindruckend finde ich hier vor allem die Sushi-Abteilung. Die Sushi-Sets sind schon fertig vorbereitet, müssen also nur von hungrigen KundInnen mitgenommen werden. Es gibt die unterschiedlichsten Arten und Farben, die ganze Abteilung sieht oft aus wie ein kleiner Regenbogen.

Die Preise für diese Sushi-Sets sind eigentlich ganz in Ordnung. Sie sind zwar höher als in den normalen Supermärkten, aber gleichzeitig deutlich günstiger als in Sushi-Lokalen.

Wo die Preise in diesen Kaufhaus-Supermärkten auf jeden Fall spektakulärer werden ist Obst. JapanerInnen verschenken Obst beispielsweise gerne als Gastgeschenk – und dabei nicht irgendein Obst. Japanische Melonen können schnell einmal über 100 Euro kosten, kleine Becher mit Weintrauben um die 40 Euro. Es ist keine Seltenheit solche Preise in diesen Läden zu sehen. Das finde ich recht erstaunlich beeindruckend. Ich rechne dann immer nach, ob denn das wirklich stimmen kann, und habe auch schon das ein oder andere Preisschild als Beweis fotografiert.

Die Melone um 100 Euro bekommt man allerdings nicht „einfach so“, sondern in einer edlen Geschenksverpackung aus Karton oder Holz, gefüllt mit Schaumstoff (damit ihr nichts passiert, Gott bewahre!) und einer schönen Schleife drum herum. Angeblich – ich habe es noch nicht selbst probiert – ist dieses teure Obst auch extrem lecker. Als kleine Anregung: vielleicht bekommen wir ja demnächst den ein oder anderen Gast, der uns eine Hunderteuromelone oder eine Viereuroweinbeere mitbringt. Ich würde dann jedenfalls berichten, wie es geschmeckt hat.

Jetzt kennt ihr die praktischen Konbinis, welche es quasi an jeder Ecke gibt und die hauptsächlich Fertigprodukte anbieten, sowie die Luxusläden in den größeren Bahnhöfen, die ebenfalls unbedingt einen Besuch wert sind.

 

Klassische Supermärkte in Japan

Irgendwo müssen wir aber natürlich auch Lebensmittel für unseren täglichen Bedarf einkaufen. Insbesondere in Tokio begegnet man als Tourist klassischen Supermärkten wahrscheinlich am seltensten. Sie existieren – man muss nur wissen, wo man schauen muss.

Wir leben etwas außerhalb der großen Stadt und haben alleine in zehn Minuten Fußgehreichweite fünf oder sechs große Supermärkte. Auch hier ist die Auswahl gigantisch. Insofern habe ich die ersten Male immer sehr lange für eigentlich recht simple Einkäufe gebraucht. Ich gebe an dieser Stelle zu: ich habe in der Vergangenheit Supermärkte schon einmal (mehr oder weniger) scherzhaft als meinen „Ort der Ruhe“ bezeichnet. Im Ausland besuche ich sehr gerne Supermärkte und schaue mir dann stundenlang alles an, was es nur gibt (mein Mann kann ein Lied davon singen). Supermärkte sind halt meine Art von Disneyland.

Wenn man dann aber einfach schnell Lebensmittel für den Alltag kaufen möchte und man für jeden Artikel viel Zeit und Google aufwenden muss, wird es nach einziger Zeit schon mühsam. In einem der großen Supermärkte (aus derselben Gruppe wie Seven Eleven) in unserer Nähe habe ich eine Eigenmarkte entdeckt, auf deren Produkten zumindest eine grobe englische Bezeichnung steht. Das gibt einem aber meist trotzdem nur einen kleinen Anhaltspunkt – zum Beispiel könnte auf einem alkoholischen Getränk „alcoholic beverage“ stehen. Vielen Dank, sehr aufschlussreich!

Mittlerweile klappen die Einkäufe jedenfalls schon recht gut und routiniert. Ich bin auch jemand, der beim Kochen gerne experimentiert, da kommen mir die teilweise fremden Produkte also ganz gelegen.

 

Rabattierte Sushi-Sets, viel Fleisch und saisonales Gemüse

Auffällig ist auch die überdimensionale Auswahl an frischem Fisch und Sushi-Sets. Diese Sets sind nicht ganz so fancy wie in den vorhin erwähnten Kaufhäusern, sind aber dank ihres günstigeren Preises alltagstauglicher. Ein kleiner Tipp am Rande: abends werden diese Fertiggerichte meist deutlich rabattiert. Nicht selten klebt dann ein „-50%“-Sticker darauf, was mein Herz höher schlagen lässt.

Jetzt habe ich sehr viel von Fisch und Sushi erzählt. Es gibt auch sehr viel Fleisch hier. Ungewöhnlich dabei ist, dass Fleisch oft hauchdünn geschnitten ist. Das ist praktisch für viele japanische Gerichte (wie Gyūdon, eine Reisschüssel mit süßlich mariniertem Rindfleisch) und auch, weil man es natürlich mit Stäbchen essen können muss.

Gemüse gibt es selbstverständlich auch in sämtlichen Formen, Farben und leider auch Preisen. Während Gemüse wie Kraut sehr günstig, ständig und einfach überall zu bekommen ist, habe ich auch schon Fleischtomaten um 1,80 Euro pro Stück gesehen und (notgedrungen) gekauft. Damit kann also auch ein einfacher Salat schnell einmal relativ teuer werden.

In Japan legt man sehr viel Wert auf saisonale Lebensmittel. Diese Saisonalität spiegelt sich dann aber auch in den Preisen wider. Beispielweise waren Äpfel den ganzen Sommer über recht teuer und mittlerweile sind die Preise – zu meiner Freude – gesunken. Ich glaube, in Österreich ist es sehr leicht das Gefühl für saisonale Produkte zu verlieren. In den Supermärkten bekommt man das ganze Jahr über – bis auf ein paar Ausnahmen – fast alles.

Ich habe vorhin auch schon die sehr teuren Weintrauben erwähnt, die es in den Luxusmärkten gibt. Auch im regulären Supermarkt sind Weintrauben um 10 bis 12 Euro pro Päckchen zu bekommen. Ich habe aber auch schon Becher voller loser Weinbeeren um unter 3 Euro entdeckt. Das sind vermutlich die übrig gebliebenen, die sie anders nicht mehr verkaufen konnten. Ich war dann wirklich jedes Mal überrascht, wie (fast schon absurd) intensiv sie geschmeckt haben – deutlich intensiver als jene, die ich aus Österreich kenne. Sehr köstlich!

Überraschend für viele (und auch für uns) ist, dass Reis in Japan absolut nicht billig ist. Ein Grund dafür ist, dass fast nur einheimischer Reis verkauft wird (beziehungsweise verkauft werden darf) und man die Reisbauern mittels konkreter Tarife beziehungsweise Quoten fördern möchte.

 

Mein wirklich wichtiger Kritikpunkt

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zu meinem größten Kritikpunkt an japanischen Supermärkten. Achtung, jetzt wird es besonders sexy – es handelt sich dabei um die fehlenden Grundpreisangaben.

In Österreich und Deutschland gibt es die sogenannte Grundpreisverordnung, welche besagt, dass auf jedem Preisschild ein Grundpreis (etwa für 100 Gramm oder 100 Milliliter) angegeben sein muss. Für rechenfaule Sparfüchse wie mich sind solche Angaben quasi lebensnotwendig, um möglichst rasch Preise vergleichen zu können. In Japan gibt es diese Angaben nur vereinzelt (wie zum Beispiel bei Fleisch). Obst und Gemüse kauft man entweder per Stück oder Päckchen (ohne Gewichtsangabe).

Ich bin mir nicht sicher, wie relevant Grundpreisangaben für andere Menschen sind und ob ihr das Thema genauso nervenzerfetzend findet, wie ich. Mir ist die Situation in Japan jedenfalls ein Dorn im Äuglein und ich bin jetzt sehr erleichtert das einmal losgeworden zu sein.

Bevor ich mich jetzt aber in irgendwelchen Nerd-Themen verliere, beende ich die Folge lieber an dieser Stelle. Ich kann jedem Japan-Besucher und jeder -Besucherin nur wärmstens empfehlen auch einen klassischen Supermarkt aufzusuchen. Ihr werdet einen sehr guten Einblick in die japanische Kulinarik bekommen und sicher auch das ein oder andere Mitbringsel finden. Viel Spaß dabei!

Euer Ösi in Kawasaki

 

Dies war die zweite Folge meines Podcasts „Der Ösi in Kawasaki“ als Blogartikel zum Nachlesen. Anhören könnt ihr sie übrigens direkt hier, sowie auf Spotify und Apple.

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